In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verstanden Ludwigsburger Bürgerinnen und Bürger ihre Stadt als „Dichterstadt“. Auch um dieses Bild über die Stadtgrenzen hinaus bekannt zu machen, gründeten sie 1897 den Historischen Verein. Sie baten die Nachfahren der hier geborenen Schriftsteller Eduard Mörike, Justinus Kerner und Friedrich Theodor Vischer um Erinnerungsstücke und legten damit den Grundstein für die stadtgeschichtliche Sammlung. In den 1920er Jahren waren die im Schloss Favorite in „Dichterzimmern“ arrangierten Möbel und Alltagsgegenstände Ausgangspunkt einer pathosbeladenen Dichterverehrung.
Die Ausstellung stellt die materiellen Zeugnisse aus dem Leben der Schriftsteller in den Mittelpunkt und setzt sie mit deren Werk, mit Brieftexten und Zeichnungen der Autoren in Dialog. Was lässt sich anhand der Erinnerungsstücke über die einstigen Besitzer und ihre Arbeit erzählen? Wo tauchen sie in literarischen Werken auf und welches Verhältnis entwickelten die Autoren zu den Gegenständen?
Die Erfahrungen von Industrialisierung und politischen Umbrüche am Beginn der Moderne führten nicht unbedingt zu einem sachlichen Umgang mit der Dingwelt. Im Gegenteil, unter den Augen eines Schriftstellers konnten Gegenstände ein aktives Eigenleben entfalten und der menschlichen Verunsicherung Ausdruck verleihen. Für das widerspenstige Ding, prägte Vischer den Begriff der „Tücke des Objekts“.
Wer aus eigener Erfahrung weiß, dass Marmeladenbrote immer auf die bestrichene Seite fallen, dass umkippende, verlorene oder sonst wie widerständige Dinge den Alltag mitunter in ein komödientaugliches Slapstick-Theater verwandeln, der kennt sich aus mit der Tücke des Objekts. Aber nicht immer sind die Dinge auf Bosheiten aus. Alltagsgegenstände können auch Spaßvögel, treue Begleiter oder zuverlässige Zeugen sein. Das zeigen nicht zuletzt die Dichterdinge in der neuen Sonderausstellung.